Reverse logistics: Mehrwegverpackung im Postversand

Die Kartonflut reduzieren: Das soll der Kickbag aus rezykliertem PET. Zwei Schweizer Online-Händler haben den faltbaren Versandbeutel entwickelt und in enger Zusammenarbeit mit der Post sechs Monate getestet.

Tobias Zingg und Mariella Huber waren auf der Suche nach einer umweltschonenden Verpackungslösung für ihre E-Commerce-Unternehmen Stadtlandkind.ch und Stoff&so. «Dabei zeichnete sich ab, dass das Wiederverwenden das zentrale Element ist», erklärt Zingg. «Hinter dem Namen Kickbag versteckt sich deshalb nicht nur ein Produkt, sondern ein neuer Ansatz für Verpackung, Versand und Rückversand im Onlinehandel.» Das Konzept funktioniert so: Die Ware wird im Kickbag als Paket verschickt. Danach wird der Beutel zusammengefaltet, mit einer Etikette versehen und als Brief per Post zurückgeschickt. Ein Kickbag soll so mindestens 30 Mal wiederverwendet werden können.

Begeisterte Kund:innen
Die Post war von Anfang an angetan von der Idee. Also gründeten Huber und Zingg das Startup Kickbag. Gemeinsam mit der Post starteten sie im August 2020 eine sechsmonatige Testphase. Rund 6000 Beutel wurden hergestellt und in Umlauf gebracht: 80 Prozent davon schickten die Kundinnen und Kunden bereits innerhalb von zwei Wochen zurück. «Die Rückmeldungen sind bestechend. Und das ist wichtig, denn nur mit der Akzeptanz der Endkund:innen funktioniert das Konzept», freut sich Huber. Christoph Gfeller, Geschäftsentwickler Kreislaufwirtschaft bei der Post, bestätigt dies: «Eine Umfrage zeigt, dass nahezu alle befragten Kund:innen den Kickbag als sinnvoll erachten – Nachhaltigkeit wird immer wichtiger. Für umweltfreundliche Lösungen ist man bereit, das bestehende Einkaufsverhalten zu hinterfragen.»

Während der Pilotphase wurden kleinere Anpassungen am Produkt vorgenommen: «Die Form des Beutels und die Etikettierung wurden leicht verändert – beides für eine bessere maschinelle Verarbeitbarkeit», erklärt Vanessa Bianco, Produktmanagerin bei der Post. Diese ist die Voraussetzung für einen effizienten Einsatz und letztlich auch den Erfolg des Produkts.

Doch kann der Kickbag dereinst die Kartonschachtel ersetzen? Nils Keiten-Schmitz, Projektleiter Customer Solutions bei der Post: «Kickbags sind geeignet für den Versand von unzerbrechlichen Waren wie etwa Kleidung – hier sind sie eine gute Alternative zu Einwegkartons oder -plastikbeuteln.» Die Post sucht schon seit längerem nach nachhaltigeren Logistiklösungen und hat bereits das PostPac Öko aus Recycling-Karton und den Mehrwegbehälter Dispobox lanciert. «Als grösstes Logistikunternehmen des Landes ist sich die Post ihrer Verantwortung in diesem Bereich bewusst. Wir wollen uns bis 2040 zu einem klimaneutralen Unternehmen weiterentwickeln», betont Keiten-Schmitz.

«Hinter Kickbag versteckt sich nicht nur ein Produkt, sondern ein neuer Ansatz für Verpackung, Versand und Rückversand im Onlinehandel.»

Tobias Zingg, Co-Founder Kickbag

Weiterentwicklung des Materials
Verbesserungspotenzial am Kickbag sieht Co-Founder Tobias Zingg vor allem in der Materialisierung: «Der grosse Vorteil aus Sicht der Umweltbelastung entsteht durch den mehrmaligen Einsatz des Kickbags.» Das Start-up prüft auch Möglichkeiten für eine Produktion in der Schweiz oder im restlichen Europa. Das Rohmaterial der Kickbags, sogenanntes «post-consumer-recycled PET», werde aber auch von hiesigen Unternehmen aus China bezogen, sagt Zingg. Trotzdem sei man weiter im Gespräch mit lokalen Produzenten. Bei der Weiterentwicklung des Materials geht es vor allem um die Robustheit und Widerstandfähigkeit der Bags, aber auch um den Aspekt der Rezyklierfähigkeit.

Christoph Gfeller von der Post sieht zudem noch Potenzial bei der Nachverfolgbarkeit der Rücksendungen, dem sogenannten Tracking sowie innovativen Lösungen in der Rückwärtslogistik. «Doch insgesamt sind wir gut auf Kurs.» Die gemeinsame Roadmap von Post und Kickbag sieht jetzt eine weitere Projektphase mit ausgewählten Online-Händlern vor. «Ziel ist es, im Spätsommer möglichst vielen der zahlreichen Interessenten ein standardisiertes Basis-Produkt anbieten zu können», erklärt Tobias Zingg.


Kontakt
https://www.kickbag.ch/
Tobias Zingg, Co-Founder Kickbag
tobias.zingg@kickbag.ch

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