Gesunde Druckprodukte lohnen sich

Vögeli Druck ist weltweit die erste Druckerei mit einer Cradle to Cradle® Gold Zertifizierung. In Europa gibt es lediglich drei zertifizierte Druckereien. Doch das bringt nicht nur Vorteile.

Die über 100-jährige Firma Vögeli AG macht viel, um zukunftsfähig zu sein: Sie nutzt die Abwärme der Maschinen zum Heizen, besitzt Elektrofahrzeuge, bezieht seit Jahren Ökostrom und druckt bereits seit 2005 VOC (VOC = Volatile Organic Compounds, flüchtige organische Verbindungen) frei. Gelangen diese organischen Verbindungen in die Luft, haben sie eine schädliche Wirkung auf Mensch und Umwelt. Zudem ist der Betrieb CO2 neutral. «Wir reduzierten stetig unseren ökologischen Fussabdruck. Doch Belastungen mit Schwermetallen oder auch der Verlust an Ressourcen werden darin nicht bewertet», sagt Martin Schlegel, Kundenberater bei Vögeli. Lange wusste das Unternehmen nicht, wo sie ansetzen sollten, damit sie noch umweltfreundlicher wirtschaften. Bis sie auf das Prinzip von  Cradle to Cradle® gestossen sind: Es gibt keine Abfälle, alles ist Nährstoff und Rohstoff. Papier und Druckprodukte werden zwar recycelt, doch in den 70 Prozent der wiederverwendeten Stoffe gibt es Rückstände von giftigen Materialien. 30 Prozent, darunter Füllstoffe, Leime, Farbstoffe und Lacke, können nicht recycelt werden und landen als Abfall auf Deponien. Das Ziel von Cradle to Cradle® ist es, nur gesunde Stoffe in ein Produkt zu mischen. Das bedeutet, alle Materialien wie etwa Leime, Lacke und Farben müssen frei von giftigen Stoffen sein und zu 100 Prozent in die Natur zurückgeführt werden können. Nur so stellen sie für den biologischen Kreislauf kein Problem dar.

Die Krux mit den Lieferanten

Durch Cradle to Cradle® geriet das Thema Kreislaufwirtschaft erstmals ins Bewusstsein der Geschäftsleitung und der Belegschaft von Vögeli. Nichtsdestotrotz gestaltete sich der Zertifizierungsprozess reibungslos. Die Geschäftsführer Markus und Renato Vögeli führten die Zertifizierung 2016 mit dem Anbieter EPEA Switzerland innerhalb von einem halben Jahr ein. Die Umsetzung verlief aus verschiedenen Gründen relativ einfach. Die Druckerei konnte vom Wissen der österreichischen Druckerei Gugler profitieren, die seit 2011 Cradle to Cradle®-Produkte anbietet. Zudem nahm Vögeli in den vergangen 20 Jahren verschiedene Umstellungen in der Produktion vor, die dem Unternehmen die Zertifizierung vereinfachten. Auch die Angestellten sind bei solchen Umstellungen wichtig. «Mitarbeitende müssen offen sein für Neues. Arbeitsabläufe, die über Jahre optimiert und feinjustiert wurden, werden vorerst wieder aufwändiger.» Doch da im Betrieb aus dem Emmental schon immer viel getestet und ausprobiert wurde, stand auch das Team diesem nächsten Schritt offen gegenüber.

«In der Kreislaufwirtschaft versuchen wir, Dinge nicht einfach weniger schlecht zu machen. Wir wollen alle schädlichen Stoffe durch gute ersetzen.»

Martin Schlegel, Kundenberater, Vögeli AG

Eine nennenswerte Umgestaltung von «normaler Produktion» zur Cradle to Cradle®-Produktion gab es also nicht. Doch wer liefert nun zum Beispiel einen sauberen Leim für die Klebebindung? Welche Druckfarbe ist zertifiziert und ergibt ein qualitativ hochwertiges Druckresultat? «Die geeigneten Lieferanten und Materialien zu finden war eine grosse Herausforderung», sagt Schlegel. Europaweit gibt es drei Cradle to Cradle® zertifizierte Druckereien. Die Nachfrage nach Materialien ist nicht gross, Kooperationen also umso wichtiger. Aus diesem Grund ist Vögeli Mitglied der Print-the-Change-Kooperative. Gemeinsam mit Gugler und der Druckerei KLS aus Dänemark wollen sie das Lieferantennetzwerk ausbauen, vom gemeinsamen Wissen profitieren und dieses mit anderen Druckereien teilen. «Mehr zertifizierte Druckereien würde die Nachfrage nach gesunden Stoffen und Produkten steigern.» Davon würden auch die Pioniere profitieren. Gemäss Schlegel ist es für Papierhersteller zum Beispiel nicht interessant, ihre Papiere zu zertifizieren, weil sie für die Produkte noch zu wenig Abnehmer finden. Doch da die drei Druckereien auf Papiere angewiesen sind, die frei von problematischen Stoffen sind, lassen sie auf Eigeninitiative ausgewählte Produkte durch die EPEA Switzerland prüfen und finanzieren die Zertifizierung selbst.

Zunahme der Druckaufträge

Das neue Geschäft lohnt sich für Vögeli allemal. «Es sichert uns die Zukunft für die nächsten 10 bis 20 Jahre. Seit der Zertifizierung nehmen die Druckaufträge wieder zu und das in einem Markt, der seit Jahren rückläufig ist.» Zertifizierte Produkte machen rund 25 Prozent des Umsatzes aus, seit dem Vorjahr hat sich dieser Anteil verdoppelt. Die Druckerei produziert Visitenkarten, Broschüren, Bücher und Verpackungen. Diese sind im Vergleich zu nichtzertifizierten Produkten im Schnitt nur rund fünf Prozent teurer. Anfangs 2019 erreichte die Druckerei die Goldzertifizierung – als erste und bislang einzige Druckerei der Welt. Ein Schritt, den Schlegel allen Interessierten ans Herz legt: «Erst die Goldzertifizierung erfüllt in unseren Augen das Ziel eines perfekt kreislauffähigen, gesunden Produktes.» Die Stufen Basic, Bronze und Silber seien Zwischenschritte auf dem Weg zur ganzheitlichen Lösung und nur gut genug, wenn der nächste Schritt noch nicht möglich sei. In Zukunft möchte Vögeli mit verschiedenen Kommunikationsmassnahmen das Prinzip Cradle to Cradle® weiter bekannt machen und fördern. Unter anderem will die Druckerei das Thema im Bereich Lebensmittelverpackung stärker kommunizieren. Dafür helfen ihnen alle Kooperationen, die das Wissen branchenübergreifend vermitteln.

Kontakt

Martin Schlegel, Kundenberater Vögeli AG
m.schlegel@voegeli.ch

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