Eine Industriehalle in Fribourg wird zirkulär renoviert

In nur zwölf Monaten wurde eine alte Industriehalle in Fribourg, die zum Abriss bestimmt war, in eine stimulierende, energieffiziente und flexible Bürolandschaft bestehend aus Holzboxen verwandelt. Der Projektleiter Luc Trottier von Lutz Architectes hat den Circular Hub Use Case Fragebogen beantwortet.

Was macht Ihr Gebäude zirkulär?

a.         Inwiefern ist Ihr Design-Konzept zirkulär?

Als BlueFactory auf uns zukam, um ein neues Projekt auf dem ehemaligen Industriegelände von Cardinal zu entwerfen, schlugen wir ihnen vor, eine der freistehenden Lagerhallen umzubauen. Die Halle war eigentlich bereits für den Abriss freigegeben worden – wir hatten aber die Idee die Struktur zu behalten 126 Holzmodule darin zu integrieren. Mit der Beibehaltung eines Grossteils des Gebäudes, der Verwendung biobasierter und lokaler Materialien, der Reduktion des Energiebedarfs und einem Design, in welchem ein zukünftiger Rückbau mitgedacht wurde, ist die blaue Halle von BlueFactory ein beispielhaftes Bauwerk im Sinne der Kreislaufwirtschaft. Dank dieses innovativen Ansatzes ist die CO2-Bilanz des Baus so niedrig, dass sie den Anforderungen der 2000-Watt-Gesellschaft entspricht, nämlich 10 kgCO2/m2 Jahr. 
 

b.         Was ist Ihr Impact auf das Ökosystem?

Da wir in der eigentlichen Halle tätig waren, hatten wir keine Auswirkungen auf das umliegende Gelände. Im Laufe der Zeit wird das Viertel die Prinzipien der Sponge City anwenden und einen natürlicheren Wasserkreislauf gewährleisten. Es werden neue Anlagen entstehen, die eine bedeutende Entwicklung der Biodiversität fördern. Die Aufwertung dieses Industriestandorts im Zentrum von Freiburg hat die Schaffung von Arbeitsplätzen mit hoher Wertschöpfung und die Präsenz von Forschungszentren im Bereich des Wohnens der Zukunft, wie der SLL-Smart Living Lab, ermöglicht. Die blaue Halle entwickelt sich heute zu einem stimulierenden Öko-Systems für zahlreiche im Bereich der Nachhaltigkeit tätige Start-ups.
 

c.         Inwiefern ist der Faktor Zeit mitgedacht?

Im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft muss der Rückbau mitgedacht werden, um die Abfallgenerierung am Ende der Lebensdauer des Gebäudes zu begrenzen. In der blauen Halle sind die Boxen entsprechend so konzipiert, dass sie mechanisch zerlegbar sind. Sie können leicht an einen anderen Standort transportiert werden, da ihre Grösse auf den Transport mit Lastwagen zugeschnitten wurde. Ausserdem können die Boxen wasserdicht gemacht werden und dann selbstständig im Freien genutzt werden. Eine weitere Anwendung könnten sie in Zukunft als Schulboxen finden.

Wie unterstützt Ihr Tun/ Produkt die Baubranche darin, den systemischen Wandel hin zur «Zirkularität» zu erreichen? 

Dieses Projekt hatte einen Vorbildcharakter für die Entwicklung des gesamten Standorts. Die Halle ähnelt einem Dorf und ist um einen zentralen Platz organisiert. Diese Struktur bietet verschiedenen Unternehmen und Start-ups, die hier arbeiten, ein stimulierendes und Austausch förderndes Arbeitsumfeld. Verschiedene Sensoren, die von einem Forscherteam des SLL aufgestellt wurden, analysieren das Verhalten der Nutzer:innen und können den Energieverbrauch der Halle senken.

«Im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft muss der Rückbau mitgedacht werden, um die Abfallgenerierung am Ende der Lebensdauer des Gebäudes zu begrenzen.»

Luc Trottier

Was war Ihre Haupt-Herausforderung und Ihr Haupt-Learning bis jetzt?  

Es war eine echte Herausforderung, das Projekt in nur 12 Monaten von der ersten Skizze an umzusetzen. Die Holzbauweise, eine schnelle und präzise Bauweise, hat uns eindeutig dabei geholfen, dieses Ziel zu erreichen. Die Boxen in eine bestehende Halle einzufügen war ebenfalls eine echte Herausforderung, die höchste Präzision erforderte. Dieses Ziel wurde durch eine intensive Zusammenarbeit mit sehr kompetenten Unternehmen erreicht, die aufgrund ihres Know-hows und ihrer Fähigkeit ausgewählt wurden. Eine öffentliche Ausschreibung hätte diesen Dialog, der für die Entwicklung eines Pionierprojekts notwendig ist, komplizierter oder sogar sehr schwierig gemacht.

Wie messen Sie Ihren Impact? 

Da die Schaffung eines CO2-neutralen Standorts zu den Leitprinzipien von BlueFactory gehörte, wurde eine CO2-Bilanz für den Bau und den Betrieb erstellt. Diese zeigte nach zwei Betriebsjahren, dass sie weit unter den Normen lag. Mit 3 kgCO2/m2Jahr liegen die CO2-Emissionen des Betriebs 6x unter den gesetzlichen Anforderungen und sogar unter den vom Bund für 2050 empfohlenen Zielen der 2000-W-Gesellschaft. Die CO2-Bilanz des Standortbetriebs wird jährlich aktualisiert.

Haben Sie oder kennen Sie ein spannendes zirkuläres Projekt oder Produkt im Bau? Wir freuen uns über Hinweise an info@circularhub.ch.

Der Fragebogen wurde beantwortet von: Luc Trottier von Lutz Architectes

Bildquelle Header: Bluefactory

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