Digitalisierung treibt Zirkularität im Bau

In Sachen Digitalisierung gibt es im Bau grosses Optimierungspotenzial.  Hat der Bauherr seine Nachhaltigkeitskriterien nicht schon in der Planung digital spezifiziert, können sie bei der Übergabe nicht einfach überprüft werden. Wurden Bauteile nicht durchgängig dokumentiert, können sie im Laufe des Life-Cycles eines Gebäudes nicht effizient verfolgt werden. Wie die Digitalisierung das ändert und Zirkularität im Bau erreicht werden kann, zeigen wir am Beispiel von Madaster – der Online-Plattform für Materialpässe.

Die Baubranche befindet sich in einem tiefgreifenden Strukturwandel. Das Wachstum der Städte und die Auswirkungen des Klimawandels verändern jahrzehntelang eingespielte Prozesse und Arbeitsweisen. Ressourcen wie Sand und Deponieplatz werden knapp. Der Immobilienboom hat die Nachfrage nach immer mehr Rohstoffen rasant steigen lassen. Wo gebaut wird, fällt beim Abbruch auch viel Abfall an: In der Schweiz zum Beispiel jährlich 15 Millionen Tonnen, der mit Abstand grösste Abfallstrom der Schweiz.

Wenn wir allerdings Aushubmaterial und mineralischen Bauschutt nicht mehr als Abfall, sondern als Ressource einsetzen, kann die Bauwirtschaft ressourceneffizienter arbeiten und langfristig sogar Abfall eliminieren. Wiederverwendung von Materialien und intelligentes Bauen führen in eine zirkulär organisierte Bauwirtschaft. Die Digitalisierung ist ein wesentlicher Treiber dafür. Indem sie Transparenz in einer komplexen Branche schafft, erleichtert und beschleunigt sie den Wandel hin zu neuen zukunftsfähigen Geschäftsmodellen. Mit anderen Worten: Digitalisierung treibt Zirkularität im Bau.

Wie kann Kreislaufwirtschaft im Bau erreicht werden?

Voraussetzung dafür ist die digitale Erfassung verbauter Materialien und Produkte. So kann Transparenz hergestellt werden, wo welche Materialen in einem Gebäude oder Areal verwendet werden. Mit der Erfassung erhalten diese ein Identität. “Was eine Identität hat, kann nicht mehr in der Anonymität verschwinden”, bringt es Thomas M. Rau, auf den Punkt.

Ein Tool, das genau dies umsetzt und aktuell für den Schweizer Markt entwickelt wird ist Madaster. Thomas M. Rau, Architekt, Gründer von rau Architecten in den Niederlanden und Vordenker in Sachen Circular Economy hat die gemeinnützige Organisation in den Niederlanden mitgegründet. Madaster verfolgt das Ziel, Abfall zu vermeiden und Kreislaufwirtschaft im Bau- und Immobiliensektor zu fördern. Die innovative Online-Plattform ist in den Niederlanden seit September 2017 live und entwickelt aktuell in der Schweiz eine länderspezifische Plattform.

Mit Materialpässen wird wertloses Abbruchmaterial zu wertvollem Rohstoff

Madaster stellt ein Online-Kadaster bereit. Mit dieser innovativen Lösung werden Daten von Materialien und Produkten organisiert und transparent gemacht. Die Inventarisierung und Strukturierung von Materialien ermöglichen die zirkuläre Organisation von Bau, Sanierung, Abbruch und Management von Gebäuden. Materialpässe enthalten Informationen über Materialien und Produkte und zeigen deren aktuellen Standort. Das erleichtert die Wiederverwendung und Rückgewinnung von Materialien erheblich. Ein Gebäude wird so zu einem Materiallager. Es hilft Bauherren, Planern und Bauträgern, beim Entwerfen, Bauen und Bewirtschaften von Gebäuden konzeptionell neue Wege zu beschreiten.

«Mit dem Madaster-Materialpass erhalten Baumaterialien eine Identität. So wird verhindert, dass sie als Abfall in der Anonymität verschwinden.»

Thomas M. Rau, Architekt und Gründer von Madaster.

Ressourcenschonend Bauen und Baumaterialien wiedereinsetzen

Damit Madaster als Standard von der Bau- und Immobilienbranche genutzt wird, muss die Plattform den Bedürfnissen der Nutzer entsprechen. Dazu muss die Plattform Schweizer Industriestandards abdecken. Dank der Daten-Partnerschaft mit der Schweizerischen Zentralstelle für Baurationalisierung CRB wird die Nutzung der Schweizer elementbasierten Baukostenpläne für den Hochbau (eBKP-H) möglich. Damit wird auf der Online-Plattform sichtbar, welche Materialien und Produkte an welcher Stelle im Gebäude eingesetzt werden.  Die Partnerschaft mit Buildup, der unabhängigen Schweizer Datenbank für Bauprodukte, ermöglicht eine direkte Verbindung der beiden Plattformen. So lassen sich ressourcenschonende Bauprozesse besser planen und realisieren, aber auch im Falle einer Demontage des Gebäudes Baumaterialien in neuen Projekten wiedereinsetzen.

Strategische Partner unterstützen Madaster

Die Online-Plattform Madaster bringt erstmals Transparenz in die komplexe Baubranche.  Dies birgt enormes Potential, um neue Wege auszuprobieren, zu lernen und bestehende Prozesse und Modelle zu hinterfragen. Die Digitalisierung hilft. Doch es braucht das Branchen-Know-how, um smarte Tools und Technologien sinnvoll einzusetzen und zukunftsfähig zu bauen.

Madaster und seine Partner haben sich gemeinsam auf diesen Weg gemacht. Die strategischen Partner Eberhard Unternehmungen, Losinger Marazzi, Raiffeisen Schweiz, Swiss Prime Site AG, Swiss Re AG, SBB und Vigier/creabeton unterstützen Madaster ideell und finanziell.  Damit allerdings ein nachhaltiger Launch in der Schweiz gewährleistet werden kann, ist die Beteiligung weiterer Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Bau- und Immobilienbranche notwendig. Deshalb will Madaster in der Schweiz sein Netzwerk auf 33 strategische Partner ausbauen.

Kontakt

Madaster Schweiz, info@madaster.ch

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