Bauen im Bestand: Zirkuläres Potenzial in der Architektur dank Digitalisierung

SBB, BIM Facility und Madaster haben die Leistungsfähigkeit digitaler Methoden getestet, um Bauteile aus Bestandsimmobilien wiederzuverwenden. Fazit: Digitalisierung bietet ein grosses Potenzial für Architekten und Bauherren, auch im Bestand nachhaltiger zu bauen. Ein Gastbeitrag von Madaster Schweiz.

Die Bauwirtschaft ist für 84 Prozent des Abfallaufkommens in der Schweiz verantwortlich. Die Potenziale einer Kreislaufwirtschaft in diesem Bereich sind entsprechend gross. Oft sind diese noch ungenutzt, weil die Datenaufbereitung von Bestandsimmobilien für eine mögliche Wiederverwendung der Bauteile aufwändig ist. Gebäudescans, BIM-Modelle und Madaster-Materialpässe bieten Bauherren, Architektinnen und Planern neue digitale Möglichkeiten für eine präzise Datenaufbereitung, -dokumentation und -auswertung von Gebäudematerialien.

SBB Immobilien, BIM Facility AG und Madaster Schweiz haben diese Chancen und Potenziale am «Depot G» in Zürich, einer Werkstätte für den Unterhalt von Zügen, getestet. Das Gebäude wird in den nächsten Jahren rückgebaut und das freiwerdende Areal von rund 30‘000 m2 durch SBB Immobilien zu einem vielseitigen Stadtquartier entwickelt. In einem Versuchsprojekt wurden BIM-Gebäudedaten und Madaster, das Online-Kataster für Materialien in der gebauten Umgebung, eingesetzt, um das Bestandsgebäude zu dokumentieren und mit dessen Bauteilen einen Neubau zu entwerfen.

Business Information Modelling des Bestandsbau
Zur Bewertung der Bauteile und -materialien des «Depot G» wurde in einem ersten Schritt ein strukturiertes BIM-Modell erstellt. Dieses erlaubt, die Daten später auch für weitere Planungen, den Bau und die Bewirtschaftung zu nutzen. Dazu wurde das Objekt mit einer Vermessungsdrohne beflogen, um Punktwolkenmessungen und Laserscaning-Aufnahmen zu machen. Das BIM-Modell wurde im IFC-Format auf die Madaster-Plattform hochgeladen und die Materialien der Elemente automatisch mit denjenigen in der Materialdatenbank verknüpft. Auf dieser Basis gibt der Madaster-Materialpass eine vollständige, übersichtliche und strukturierte Darstellung über alle Materialien, deren Mengen und Standort im Gebäude sowie das Wiederverwertungspotenzial.

Gute Arbeitsgrundlage für die Zirkularisierung
Die digitale Effizienz und Leistungsfähigkeit der gewählten Tools ermöglichen eine umfassende und präzise Dokumentation von Gebäuden. Die Informationen können für statistische Analysen wie Umwelt- und Klimaberichte oder als Grundlage für die Planung und Optimierung von Sanierungen, Erweiterungen oder Rückbauten dienen. Die Madaster-Plattform kann von Architektinnen und Architekten als Informations- und Arbeitsgrundlage für Recycling und Reuse verwendet werden. Bei der Neubauplanung bietet sich für Bauherren eine grosse Chance, Gebäude nachhaltiger zu bauen. Mit dem Madaster-Zirkularitätsindex können diverse Materialvarianten auf Zirkularität und Wiederverwendungswert geprüft werden. Bauteilrecycling, Wieder- und Weiterverwendung sollten dabei als Ergänzung im kreativen Prozess verstanden werden. Sie zeigen eine neue Bandbreite an Herangehensweisen und Strategien auf, die den Entwurfsprozess bereichern.

Der Aufwand für die Dokumentation von Bestandsimmobilien sowie für die Neubauplanung zahlt sich aus. Architekten und Planer schaffen Mehrwerte für ihre Kunden, die Bauherrn, weil die Planung effizienter und das Risiko von Fehlern bei der Ausführung minimiert wird. Bei limitierter Verfügbarkeit von Baumaterialien sowie der Veränderungen der Bedürfnisse und Anforderungen an Gebäude entsteht so ein neues Potenzial in der Wertschöpfungskette.

Das ist ein Gastartikel von Madaster Schweiz, die Erstveröffentlichung finden Sie hier.

Bild
© BIM Facility

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