In Keiser's Kammer, einem Gästehaus im Seetal, wird zirkuläres Bauen betont. Bei der Sanierung des Gebäudes aus dem Jahre 1710 verzichteten die Eigentümer auf chemische Produkte und nutzten lokale Materialien wie Hanf, Lehm, Sandstein, Tonplatten, Trass und verwendete antikes Baumaterial. Dieses verleiht den Räumen Authentizität und zeugt von Handwerkskunst. Wir sprachen mit Werner Keiser, um mehr über die Sanierung mit antikem Material zu erfahren.
Was macht ihr Gebäude zirkulär?
a) Das Circular Design Konzept
Das ursprüngliche Haus wurde kernsaniert, dabei blieb nur nur der Kachelofen des alten Haus erhalten. Bei der Gestaltung und Konstruktion setzten wir auf die Wiederverwendung von antikem Baumaterial aus dem Rückbau historischer Gebäude. Bodenplatten für die Duschen stammen beispielsweise aus einem Amphitheater in Nizza, Bieberschwanzziegel für das Dach aus landwirtschaftlichen Höfen in Luzern, und Tonplatten im Keller aus einem Kloster in Galizien. Die Verwendung dieser antiken Materialien verleiht dem Gebäude einen einzigartigen, historischen Charme und fördert eine nachhaltige, ressourcenschonende Bauweise, die Geschichte und Werte der Vergangenheit mit modernem Design und zeitgemässem Komfort verbindet.
b) Effekt auf das Ökosystem Mensch, Tier und Umwelt
Dieses Bauwerk betont die Bedeutung eines optimalen Raumklimas, das durch den Einsatz ausschliesslich natürlicher Materialien wie Hanf, Massiv-Vollholz, Lehm, Zellulose, Tonplatten, Granitplatten, Sandsteintreppen und Sandsteingewände erreicht wird. Statt auf Betonstützen setzen wir auf tragende Trockenschwergewichtsmauern. Grosszügige Vordächer dienen dem Schutz vor Witterungseinflüssen und bieten Nistmöglichkeiten für Vögel. Die gezielte Baumbepflanzung schafft natürlichen Schatten und eine angenehme Umgebung. Die Bauweise ermöglicht ein quer gelagertes Lüften, das die Belüftung und das Raumklima zusätzlich verbessert.
c) Langlebigkeit des Projekts
Die Schaffung eines idealen Raumklimas hat zur Folge, dass keine alterungsbedingten Prozesse auftreten können. Der angestrebte Zeithorizont erstreckt sich über einen Zeitraum von mehr als 500 Jahren.
Wichtig ist ein aktives, gesundes und kontinuierlich gepflegtes Netzwerk, denn die benötigten Materialien sind oft kostspielig und der Preis steigt mit der Nachfrage. Daher sind günstige Bezugsquellen durch etablierte Beziehungen entscheidend. Auch die Herausforderung der Lagerung der Materialien kann durch ein starkes Netzwerk bewältigt werden.
Flexibilität ist entscheidend, da jedes Bauteil ein Unikat ist und normierte Lösungen nicht existieren. Kreativität und Anpassungsfähigkeit sind nötig, um Materialien harmonisch zu integrieren. Eine starre Sichtweise funktioniert nicht.
«Den Menschen begreiflich zu machen, dass aus verwittertem, scheinbar unbrauchbarem Holz, immer noch hochwertige Möbel, Wandverkleidungen und Böden hergestellt werden können – das war schwierig»
Werner Keiser, Keiser’s Kammer
Wie unterstützt Ihr Tun/ Produkt die Baubranche darin, den systemischen Wandel hin zur «Zirkularität» zu erreichen?
Die Vision ist es, alternative Möglichkeiten und Umsetzbarkeiten aufzuzeigen. Für uns steht eine Welt ohne konventionelle, vorgegebene Muster im Fokus. Es sollen naturbelassene Materialien ohne künstliche oder chemische Zusätze verwendet werden. Das Bauprojekt, das seit Ende 2019 fertiggestellt wurde, soll die Vorstellungskraft erweitern und aufzeigen wie scheinbar veraltete und wertlose Materialien wiederverwendet werden können.
Was waren Ihre Haupt-Herausforderung und Ihr Haupt-Learning bis jetzt?
Neben den herkömmlichen Produktionsprozessen der (Gross-)industrie gibt es ressourcenschonende Alternativen. Die zentrale Herausforderung ist, das Vertrauen der Menschen in die Möglichkeit dieser nachhaltigen Prozesse zu gewinnen und Akzeptanz für innovative Ideen zu schaffen und sie zu vermitteln. Wir wollen zeigen, dass aus verwittertem, scheinbar unbrauchbarem Holz, hochwertige Möbel, Wandverkleidungen und Böden hergestellt werden können – das war und bleibt schwierig.
Wie messen Sie Ihren Impact?
Der Impact von Keiser's Kammer wird am Gästeerlebnis gemessen. Viele Gäste erleben die Entschleunigung und den Ort, an dem sie einfach verweilen möchten. Das Haus ermutigt dazu, den Raum so anzunehmen, wie er ist, ohne künstliche Ablenkungen. Hier sind die Menschen nicht ständig am Handy und müssen sich nicht ablenken. Niemand geht freiwillig frühzeitig, sondern bleibt bis zur letzten Minute.
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Wollen Sie mehr über den Stand der Forschung bezüglich Schnittstellen von Denkmalschutz und Kreislaufwirtschaft im Bauwesen erfahren? Lesen Sie dazu den Beitrag «zirkuläre Denkmalpflege: eine Forschungslücke mit Potential».
Oder haben Sie oder kennen Sie ein spannendes zirkuläres Projekt oder Produkt im Bau? Wir freuen uns über Hinweise an info@circularhub.ch.
Bildquelle: Luca Keiser