Von der Strategie zur Umsetzung: Kreislaufwirtschaft bei der SBB

Die SBB hat sich ambitionierte Ziele im Klimaschutz gesetzt, um dem Pariser Klimaabkommen gerecht zu werden. Wesentliche Business Cases zeigen bereits heute, dass Kreislaufwirtschaft bei der Transition eine Rolle spielt. Wie die führende Mobilitätsanbieterin, Infrastruktur- und Immobilienbetreiberin in der Schweiz die Potentiale systematisch verankert und konzernweit umsetzen will, lesen Sie in diesem Use Case. 

Als bundesnahes Unternehmen nimmt die SBB eine Vorreiterrolle ein, wenn es um den Klimaschutz geht. Als eine der grössten Material- und Produkteigentümerinnen der Schweiz weist sie ein jährliches Beschaffungsvolumen von etwa CHF 6 Milliarden auf und hat damit einen grossen Hebel, Material- und Energieverbräuche zu senken. Dabei setzt sie bei der Entwicklung und dem Betrieb von Bahninfrastrukturen, Rollmaterial und Gebäuden auch auf Kreislaufwirtschaft. Das SBB-interne Kompetenzzentrum Kreislaufwirtschaft unterstützt seit Januar 2021 bei der Initiierung und Entwicklung zirkulärer Geschäftsmodelle und baut nötiges Circular Economy-Knowhow konzernweit auf.

«Die SBB hat eine Vielzahl von Dingen wie Arbeitskleider, Züge, Baumaterialien und Büromöbel im Umlauf – wir kommen auf 77 Millionen Tonnen Material. Wenn wir wiederverwenden statt wegwerfen, reduzieren wir nicht nur den Abfallberg, sondern machen Abfall zu Ressourcen,» sagt Dr. Fabiano Piccinno, Leiter des SBB Kompetenzzentrums Kreislaufwirtschaft.

Bereits seit einigen Jahren fokussiert die SBB auf einen effizienteren Einsatz von Ressourcen und hat in verschiedenen Bereichen die Potentiale zirkulären Handelns unter Beweis gestellt. Durch die Sanierung und Modernisierung von Zugwagons wird deren Nutzung verlängert. Um den Rohstoffinput zu reduzieren, verwendet sie beim Perronbau Recyclingasphalt und senkt so die Umweltbelastung um ein Viertel. Geprüft werden aktuell Bahntechnikgebäude aus modularen Holzelementen, die am Ende der Lebensdauer komplett demontiert werden können. Da Holzgebäude sich weniger aufheizen als solche aus Beton, bedarf es auch weniger Energie zur Kühlung der elektronischen Anlagen im Gebäude.

Um Material aktiv zu erhalten, ermöglicht die SBB auch das Schliessen von  Baustoffkreisläufen. Davon profitieren insbesondere ihre vielen Kunden.  Bauschutt und Rückbaumaterialien aus der Stadt werden beispielsweise in Zürich gesammelt und der entsprechenden Industrie als Sekundärrohstoffe wieder zugeführt. Durch die Registrierung von Bauten und Anlagen in dem Online-Material-Kataster Madaster fördert die SBB die Wiederverwendung von Materialien. Diese erhalten in einem Materialpass eine Identität für weitere Nutzungen und landen nicht mehr anonym auf der Deponie. Darüber hinaus werden in dem Projekt weitere zirkuläre Ansätze pilotiert, wie Areal-Zwischennutzungen oder die Nutzung von Recycling-Materialien.

«Wenn wir wiederverwenden statt wegwerfen, reduzieren wir nicht nur den Abfallberg, sondern machen Abfall zu Ressourcen.»

Dr. Fabianno Piccinno, Leiter SBB Kompetenzzentrum Kreislaufwirtschaft

Einige Kreislaufwirtschaftsprojekte setzt die SBB mit direktem Kundennutzen um. In den Bahnhöfen Zürich und Basel wird in Zusammenarbeit mit Mietern der SBB Liegenschaften, Kundinnen und Kunden sowie dem SBB-eigenen Circular Economy Lab die Reduktion von Einwegmüll pilotiert.

In Zukunft soll die Kreislauffähigkeit von Produkten und Leistungen in Beschaffungs- und Investitionsentscheide der SBB miteinbezogen werden. Das Motto lautet: am Anfang das Ende mitdenken. Erfolgreich durchgeführte Pilotprojekte sollen dann skaliert werden. Die Identifikation der Potenziale erfolgt auf Basis umfangreicher Ökobilanzen sowie systematischer Materialflussanalysen. Gleichsam werden neue Geschäftsmodelle wie «Product-as-a-Service» pilotiert, bei denen der Kunde das Produkt nicht mehr kauft, sondern für den Erhalt der Produktleistung zahlt.

So soll Zirkularität innerhalb der Organisation konzernweit verankert und der Change Prozess gestartet werden. Ziel ist die erfolgreiche Transformation des Kerngeschäfts von der Linear- zur Kreislaufwirtschaft. Als Rückgrat der Schweiz übernimmt die SBB damit eine führende Rolle, die Potenziale mit motivierten und befähigten Mitarbeitenden und in enger Zusammenarbeit mit Zulieferfirmen und Geschäftspartnern zu heben.

Den Prozess der Visions- und Strategieentwicklung der SBB für Kreislaufwirtschaft haben die niederländische CE-Beratungsfirma Turntoo(federführend),der Nachhaltigkeits-ThinkTank Systemiq sowie CircularHub als externes Expertenteam von März bis Dezember 2020 begleitet.

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