Gemeinsam nachhaltig Bauen: Der systemische Wandel hin zum zirkulären Bauwesen in der Schweiz

Die Herausforderungen des Klimawandels zeigen schon heute sehr klar: in 20 Jahren wird es kein erfolgreiches Geschäftsmodell in der Bau- und Immobilienbranche mehr geben, dass nicht auf Sekundärrohstoffen und einer signifikanten Reduktion von CO2-Emmission basiert. Angesichts fragiler Lieferketten und Rohstoffmangel boomt Kreislaufwirtschaft und weist den Weg. Wie kann ein systemischer Wandel weg vom linearen hin zum zirkulären Wirtschaften im Bauwesen gelingen?

Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft ist einfach: Materialien und Produkte werden zu ihrem höchstmöglichen Wert in einem möglichst geschlossenen Zyklus geführt. Gebäude und Infrastrukturen werden als Materiallager geplant, so dass sie am Ende ihrer Nutzung up- und nicht wie bisher downgecyclet werden können. Die Umsetzung allerdings ist komplex.

Eine künstliche Intelligenz antwortet aktuell auf die Frage, wie die systemische Transformation in Richtung zirkuläres Bauen funktionieren könnte, so: Ein systemischer Wandel zu zirkulärem Bauen erfordert eine Neukonzeption der gesamten Wertschöpfungskette. Beginnend bei der Planungsphase muss der Lebenszyklus von Gebäuden, Materialien und Infrastruktur berücksichtigt werden. Implementieren Sie modulare Designs und standardisierte Komponenten für leichte Demontage und Wiederverwendung. Stellen Sie sicher, dass Material-Passport-Systeme und digitale Zwillinge etabliert werden, um den Materialfluss zu optimieren. Fördermechanismen und regulatorische Anpassungen sind unerlässlich, um den Übergang von einer linearen zu einer zirkulären Wirtschaftspraxis zu erleichtern.

So weit so gut. Ergänzen würden wir aus unserer über fünfjährigen Erfahrung in der Begleitung von Startups und börsenkotierten Unternehmen, Familienunternehmen und staatsnahen Betrieben weitere zentrale Erfolgsfaktoren: die Zusammenarbeit aller relevanten Akteure in der Umsetzung und ihre Sensibilisierung und Befähigung dazu. Der Weg zu einer zirkulären Baubranche wird nur durch die gemeinsame Anstrengung der Akteure entlang der Wertschöpfungskette gelingen können. Je innovativer sie aufgestellt sind, desto besser können sie Materialflüsse im Bau optimieren und die Planung, den Bau und den Betrieb von Gebäuden effizienter und nachhaltiger gestalten.

Der Weg dahin ist ein Langstreckenlauf: Was zirkuläres Bauen ist und ob es mit bestehenden Normen realisiert werden kann, lässt sich nicht am Reissbrett planen oder durch Softwareprogramme simulieren. Erst in der Umsetzung und Evaluierung konkreter Projekte bildet sich ein tiefgreifendes Verständnis für die Prinzipien und Vorteile des zirkulären Bauens. Im gemeinsamen Tun entlang der Wertschöpfungskette und über alle Gebäudelebenszyklen wird Wissen und Erfahrung aufgebaut, die Prozesse und Produkte in Richtung Zirkularität verändern.

Würden wir die künstliche Intelligenz – nach heutigem Stand nichts mehr und nichts weniger  als die smarte Verarbeitung bestehenden, veröffentlichten Wissens - in 10 Jahren fragen, was rückblickend der eigentliche Erfolgsfaktor des realisierten zirkulären Bauwesens in der Schweiz war, wird die Antwort lauten: Der systemische Wandel hin zu einem Schweizer zirkulären Bauwesen ist gelungen, weil Bauherren mit grossen Immobilienportfolios die Nachfrage dadurch angekurbelt haben, dass sie Anforderungen an die Wiederverwendbarkeit von Materialien und Grenzwerte für CO2-Emissionen in ihre Bestellung aufgenommen haben. Gleichzeitig wurden regulatorische Hürden – wie wir sie aktuell etwa bei der Realisierung von Design for Disassembly sehen - beseitigt und Anreize für die Wiederverwendung von Materialien, Bauteilen und Gebäuden geschaffen.

Bei jedem Lauf ist der erste Schritt der entscheidende. Ob klein oder gross: wenn Mut und Kooperation der Akteure mit Innovation und einem gemeinsamen Verständnis gepaart sind, was Kreislaufwirtschaft ist und wie sie realisiert werden kann, können wir ihr Potential realisieren und ein nachhaltigeres und widerstandsfähigeres Bauwesen für die kommenden Generationen schaffen.

Dieser Artikel erschien ursprünglich zuerst als Fachbeitrag im NZZ Jahrbuch Real Estate 2023/2024 

Autor:innen: Anja Bundschuh, Marloes Fischer

Bildquelle: Greg Rosenke Unsplash

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