Am World Circular Economy Forum 2019 in Helsinki trafen sich rund 2000 Experten aus aller Welt. Das Forum, das dieses Jahr zum dritten Mal stattfand, drehte sich um die Frage, wie der Wandel zu einer Circular Economy radikal beschleunigt werden kann. Deshalb war das Motto: «Scale up!». Wir haben die wichtigsten Ergebnisse des Forums zusammengefasst.
Accelerating Circular Business
Während sich das letztjährige Forum noch hauptsächlich der Entwicklung konkreter Visionen widmete, war die Blickrichtung dieses Jahr bereits klar. Circular Economy ist multi-national verankert, in den Sustainable Development Goals 2030 der Vereinten Nationen, in der Strategie der Europäischen Kommission und mit ambitionierten Programmen in Ländern wie Holland und Finnland. Nun geht es darum, diese Strategien umzusetzen – Accelerating – Beschleunigung also der dezidierte Fokus des WCEF dieses Jahr. Doch wie genau können wir den Wandel zur Circular Economy beschleunigen?
Auf nationaler politischer Ebene können wir insbesondere an den Themen Beschaffung und Subventionen ansetzen. Die öffentliche Hand hat als Einkäufer grossen Einfluss und sollte diesen nutzen, um zukunftsfähige, zirkuläre Produkte zu fördern. Janez Potočnik vom International Resource Panel meint sogar, das zirkuläre Beschaffung nicht viel mehr als etwas Mut braucht (Building an enabling environment for circular businesses: 57:20). Dieses Thema haben wir in unserem Artikel zur Beschaffung bereits erläutert. Gleichzeitig wird durch offene oder versteckte Subventionen vielerorts noch immer der Verbrauch von Erdöl gefördert, sagt Laura Tuck, Vice President for Sustainable Development, World Bank. Hier ist die Forderung: ‘Tax the bad stuff’.
Im Bereich Unternehmensinnovation zeigen Philips und IKEA, wie sie ihren Kunden zirkuläre Lösungen zugänglich machen. Beide werden in nächster Zeit Leasingmodelle für Konsumgüter global skalieren. Um solche Modelle für den B2C Bereich zu entwickeln, brauchte es einige Experimente. Das angebotene Produkt sollte nicht einfach langlebiger oder ressourcensparender produziert sein. Es braucht einen ganzheitlichen kundenorienterten Service. Die zwei Firmen möchten Produkte als ‘material banks for the future’ nutzen (Per Stoltz, IKEA), Kunden brauchen ‘easy change’ (Harald Trepper, Circular Economy Lead, Philips), ohne dass sie ihre Kaufgewohnheiten radikal ändern müssen. Um solche Angebote zu entwickeln, arbeiten auch die führenden Incubators für Circular Economy Start Ups, Avanto Ventures und Closed Loop Partners mit bekannten iterativen Innovationsmethoden. Kate Daly von Closed Loop Partners nennt zusätzliche sogenannte ‘pre-competitive coalitions’. Indem verschiedene Interessensgruppen früh kollaborieren, kann der Aufwand für die Erforschung von Musterlösungen geteilt werden. Daraus können Firmen ihr eigenes Angebot entwickeln. PACE ist ein Beispiel einer solchen Koalition.
Auf persönlicher Ebene sind wir alle gefordert, einen ‘1.5 degree lifestyle’ zu leben. Dieses Ziel wurde im Pariser Abkommen 2015 verabschiedet (COP 21), doch was bedeutet ein solcher Lebenswandel genau für uns? Sitra und Aalto University haben dafür leicht verständliche Visualisierungen des individuellen Fussabdrucks entwickelt und Werkzeuge vorgestellt, wie pro Haushalt vielversprechende Massnahmen identifiziert werden können. Wie das Panel zum Thema ‘Circularity in our day-to-day lifes’ angemerkt hat, brauchen persönliche Veränderungen ein geeignetes Umfeld, denn sonst wird man zum Aussenseiter. Circular Economy verhindert, dass der Wert von Ressourcen nach deren Benutzung verloren geht, doch haben nur Materialien und Produkte einen Wert? Wir sollten ein «Full Circle Living» anstreben, wie Vanessa Timmer von One Earth anmerkt, wo Ressourcen wie Wissen, Vertrauen und Austausch ebenso wertvoll sind.
Die Herausforderungen sind enorm. Kritische Stimmen (wie Hans Bruyninckx in seiner Abschlussrede des WCEF 2019) fragen, ob die erarbeiteten Vorschläge wirklich neu sind. Schliesslich sind wir immer noch in der “Jenga Analogie” gefangen: Wir nehmen Holzklötzchen aus unserem System und türmen gefährlich hoch auf. Umso mehr sind wir gefordert, unsere Wirtschaft koordiniert und auf allen Ebenen zu transformieren. Nimmt man das diesjährige Forum als Massstab, ist der Wille zu Veränderung gross. Das vorhandene Wissen wird an Anlässen wie dem WCEF geteilt und in kollaborative Projekte überführt. Damit und mit den in diesem Artikel genannten Vorschlägen beschleunigen wir die Transition zu einer Circular Economy.