Mit Zusammenarbeit in die Kreislaufwirtschaft

Im Circular Hub Insights-Beitrag über Kreislaufwirtschaft als Strategie für urbane Räume haben wir gezeigt, dass Städte eine wichtige Katalysatorfunktion für eine zirkuläre Zukunft haben. Die Stadt Amsterdam hat weltweit eine Vorreiterrolle. Seit 2015 setzt das Amsterdam Economic Board neue Modelle der Zusammenarbeit um. Welche Erfahrungen dabei gemacht wurden, weiss Marjolein Brasz, Challenge Lead for Circular Economy des Boards.

Das Amsterdam Economic Board arbeitet gemeinsam mit Industrie, Universitäten und Regierung daran, die intelligente, grüne und gesunde Metropole der Zukunft für alle Einwohner der Region Amsterdam zu entwickeln. Kreislaufwirtschaft spielt dabei eine Schlüsselrolle. Die Philosophie dabei ist, dass eine Kreislaufwirtschaft nur dann wirklich in Gang kommen kann, wenn sie die Nachfrage nach Produkten stimuliert, die zirkulär designed und produziert werden.

Marjolein Brasz ist Challenge Lead for Circular Economy im Amsterdam Economy Board.  Marjoleins Aufgabe ist es, mit interessierten Akteuren zu definieren, was sich dahingehend verändern muss, die Milestones dafür zu definieren, Partner zu gewinnen und die Akteure ins Tun zu bringen. Die entscheidenden Hebel dafür sind vor allem der Mut zur Veränderung und die Sicherheit, dass man diese Transformation nicht alleine machen muss.

Das Amsterdam Economic Board hat 2015 mit 32 Gemeinden und zwei Provinzen die Kooperation zur Transformation begonnen. Heute ist das Zusammenarbeitsmodell «mainstream». Im Rahmen des sogenannten Resource Transition Programme liegt der Fokus auf der Neugestaltung und Wiederverwendung von Produkten sowie auf der Schaffung von optimalen Wertschöpfungsketten für ausgewählte Materialflüsse.

«Um eine Wertschöpfungskette nachhaltig neu zu gestalten, muss ich vorne anfangen: bei der Beschaffung»

Marjolein Brasz, Challenge Lead for Circular Economy

Der wichtige Hebel für sie ist der Aufbau eines Systems, in dem die für die Schaffung neuer Wertschöpfungsketten nötige Innovation entstehen kann. Richtige Innovation, wohlgemerkt. Innovation, die nicht nur bestehende Prozesse optimiert und damit ein «more-of-the-same» produziert, sondern neue, innovative Geschäftsmodelle bewirkt.

Communities of Practice

Die Definition von Zielen und einem Prozessrahmen standen beim Resource transition programme am Anfang. Die Ziele sind ambitioniert:

  • Versorgungssicherheit durch Reduzierung des Ressourcenimports um 30%;
  • Neugestaltung von mindestens 20 Produkt- und Materialketten;
  • Optimierung des hochwertigen Recyclings für mindestens 40 belastende Stoffströme mit einer durchschnittlichen Recyclingquote von 90%;
  • Schaffung von mindestens 3600 neuen Arbeitsplätzen;
  • Reduzierung der Umweltbelastung um durchschnittlich 35%.

Bei der Umsetzung stehen die «Communities of Practice» im Zentrum. In Ihnen arbeiten Vertreter der gesamten Wertschöpfungskette in einer offenen und experimentellen Lernumgebung zusammen. Dank der unveränderten Zusammensetzung der Gruppe, der vertraulichen Diskussionen unter «Chatham House rules» sowie dem kontinuierlichen Austausch sind nun solide Pionier-Netzwerke für die Kreislaufwirtschaft entstanden.

«Geduldiges Geld» gesucht

Die Finanzierung des Programmes wurde in einem «Co-financing»-Modell zwischen der öffentlichen Hand und der Industrie realisiert. Gründungskapital (Seed Money) und Kapital für Technologieinvestment sichern die Startphase bis zum Proof-of-concept. Bei der Suche nach Partnern für die Phase der Markteinführung und der Skalierung jedoch braucht es Investoren, die Kreislaufwirtschaft langfristig unterstützen. Hier bestand für Marjolein Brazs die Herausforderung, Unternehmer und Städte zu überzeugen, diesen Schritt zu gehen: «We need ‘patient money’ to scale up circular economy and this is a long term investment».

Mitte 2018 wurden als Ergebnis dieses Prozesses 19 Verpflichtungen für den Einkauf und die Beschaffung im Wert von mehr als 150 Millionen Euro unterschrieben.

Online-Modul-Reihe «Circular Economy in Cities»

Das Erfolgsbeispiel des Boards ist eines von vielen Projekten weltweit. Weitere spannende Beispiele wurden in der neuesten Veröffentlichung der Ellen MacArthur Stiftung zu «Circular Economy in Cities» konsolidiert.

Auf der im März 2019 veröffentlichten Online-Plattform  «Circular Economy in Cities» sind zahlreiche Beispiele und eine Reihe von FactSheets für die drei wichtigen städtischen Systeme - Gebäude-, Mobilitäts- und Produktsysteme - zu finden. Ein weiteres Modul identifiziert politische Hebel, die Stadtverwaltungen nutzen können, um zirkuläre Wirtschaftsprinzipien zu verankern und den Übergang zu ermöglichen. Das Spektrum hier reicht von der Entwicklung von Roadmaps für die zirkuläre Wirtschaft der Stadt zu spezifischen politischen Instrumenten wie öffentlichem Auftragswesen und Stadtplanung. Die derzeit 11 veröffentlichten Case Studies konzentrieren sich auf eine spezifische Initiative, die von einer Stadtverwaltung unterstützt wird und zeigen den Weg von der Idee bis zum Ergebnis. Auf der Referenzseite gibt die Stiftung einen breiten Überblick über die relevanten Ressourcen, Instrumente und Initiativen in diesem Bereich.

Unser Fazit: Diese Webseite bietet einen wahren Schatz an gesammeltem Wissen und praktischer Erfahrung weltweit. Unbedingt ansehen.

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