Circular Clothing: Der Weg zur abfallfreien Textilindustrie

Die Genossenschaft Circular Clothing hat ein Circularity-Assessment-Tool für Textilien veröffentlicht. Dieses basiert auf den Erfahrungen ihres ersten Fashion Use Cases «the Blue suit», welches im Oktober 2022 ihre erste Cradle to Cradle Certified® Kleiderkollektion lanciert hat, erklärt Karen Rauschenbach, Mitgründerin von «the Blue suit» und von Circular Clothing, im Interview mit Circular Hub.

Mit der neuen Black Denim Collection hat «the Blue suit» die erste Cradle to Cradle Certified® Kleiderkollektion auf den Markt gebracht. Was hat das mit Circular Clothing zu tun?

Die Vision von Circular Clothing ist eine abfallfreie Textilindustrie. Wir wollten den Beweis erbringen, dass dies möglich ist. Dabei war es wichtig, den anspruchsvollen Weg hin zu zirkulären Kleidern anhand des ersten Fashion Use Cases mit «the Blue suit» zu gehen. Sowohl Circular Clothing wie auch «the Blue suit» wurden von unserem Team gegründet. Wir wollen diese Erfahrungen selbst machen, damit wir sie aus erster Hand mit unseren Genossenschafter:innen teilen können.

Circular Clothing hat auf dieser Basis ein Circularity-Assessment-Tool entwickelt, das Labels hilft, kreislauffähig zu werden. Welchen Impact für die Textilindustrie erwartet ihr von diesem Tool? Wo seht ihr Potenziale, wo Schwierigkeiten?

Der zirkuläre Weg nach dem Cradle to Cradle®-Modell ist komplex und anspruchsvoll. Das schreckt viele Labels davor ab, weil sie nicht wissen, wo sie beginnen sollen. Mit unserem Circularity-Assessment-Tool kann man ein konkretes Produkt hinsichtlich Materialgesundheit, Produkt-Kreislauffähigkeit, saubere Luft und Klimaschutz, soziale Fairness sowie Wasser- und Bodenschutz beurteilen. Je nach gewählter Antwort werden Punkte von 1 bis 5 erzielt. Das Schlussresultat gibt dem User einen ersten groben Überblick, inwiefern sein Produkt die Cradle to Cradle®-Anforderungen erfüllt und wo er/sie ansetzen kann, um ein kreislauffähiges Produkt zu entwickeln.

Mit unserem interaktiven Tool soll jede:r User:in erfahren, welche Aspekte für gesunde und sichere Produkte zu berücksichtigen sind. Ausserdem wollen wir mit diesem Tool weitere Mitglieder für unsere Genossenschaft gewinnen.

Der zirkuläre Cradle to Cradle Ansatz von Circular Clothing (links) und ein Kampagnenfoto der "the Blue suit" Herbstkollektion (rechts).

Wieso ist Circular Clothing gegründet worden? Und warum als Genossenschaft? Was bedeutet eine Mitgliedschaft?

Die Textilindustrie muss nachhaltiger werden. Damit die Produkte von heute die Rohstoffe von morgen werden, braucht es einen zirkulären Ansatz, bei dem besonders kleine Unternehmen Unterstützung erhalten. Das Pionierprojekt Circular Clothing ist als Genossenschaft organisiert und ebnet mit finanzieller Unterstützung des Migros-Pionierfonds kleinen Schweizer Textillabels den Weg zur Kreislauffähigkeit.

Weiterhin bietet die Genossenschaft Textillabels, die zirkulär werden wollen, Lösungen an, die sich ein Label allein nicht leisten könnte: den Zugang zu sicheren und gesunden Materialien, eine gemeinsame und transparente Lieferkette, integriert in eine Cradle to Cradle® Zertifizierung. Ganz wichtig ist natürlich die Wissensvermittlung, wie man aus dem «take, make, waste»-Zyklus der linearen Wirtschaft ausbricht, um den zirkulären Weg aktiv zu beschleunigen und materialgesunde und kreislauffähige Produkte im Markt anbieten zu können.

«Der Circular Hub hat uns geholfen, grösser und visionärer zu denken.»

Karen Rauschenbach, Mitgründerin von «the Blue suit» und Circular Clothing

«the Blue suit» hat mit Circular Hub zusammengearbeitet. Was nehmt ihr von der Kooperation mit?  

Wir haben uns an den Circular Hub mit zwei Fragen gewandt: Was bedeutet Kreislaufwirtschaft für «the Blue suit» als Label? Wie gehen wir das Thema Kreislaufwirtschaft an? 

Die Circular Hub Beratung hat uns klar gezeigt, dass wir das Thema Kreislaufwirtschaft zentral in unsere Vision und Strategie integrieren müssen. Darüber hinaus haben wir verstanden, dass es ein langfristiges Thema ist und dass wir alle Prozesse untersuchen müssen. Wo entsteht Abfall in jedem der Wertschöpfungsschritte und wie können wir das verhindern? Konkret haben wir gemeinsam mit Marloes Fischer die Vision von «the Blue suit» erarbeitet. Das hat uns ermöglicht, über neue Produktentwicklungen nachzudenken und das Thema in einen grösseren Kontext zu setzen.

Interview: Rifka Fehr

Bildquelle Header: Hector Rivas

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