Mit Zement aus Mischabbruch den Kreislauf schliessen

Wird ein Gebäude abgerissen, bleibt eine grosse Menge Material übrig. Lange Zeit wurde dieser Bauabfall grösstenteils deponiert. Doch der Deponieraum wird langsam knapp, denn viele Gebäude aus dem Bauboom der 60er und 70er Jahre erreichen jetzt das Ende ihrer Lebensdauer.

Schon heute wird ein Teil der auf 10 Mio. Kubikmeter pro Jahr geschätzten Menge an Abbruchmaterial in der Schweiz wiederverwendet. Hier spricht man von Rückbaustoffen und nicht mehr von Abfall. Pioniere in diesem Bereich sind die Eberhard Unternehmungen und Holcim. Wir haben mit ihnen über den neuen Zement Susteno gesprochen, den Holcim mit Eberhard entwickelt hat.

Susteno ist der erste ressourcenschonende Zement (R-Zement) in der Schweiz, bei dem als weiterer Hauptbestandteil industriell aufbereitetes Mischgranulat aus rückgebauten Gebäuden eingesetzt wird. Die ökologischen Vorteile des Produkts sind vielseitig: Dank der einzigartigen Zusammensetzung kann der Anteil an natürlichen Rohstoffen im Zement gesenkt werden. Gleichzeitig ermöglicht die entwickelte Verwertungslösung eine Verringerung des Klinkergehalts im Zement und damit eine CO2-Reduktion von 10% im Vergleich zu einem herkömmlichen Zement. Durch die Rückgewinnung und die Wiederverwendung von aufbereitetem Mischgranulat trägt der neue Zement zudem zum Schliessen des Baustoffkreislaufs bei und spart knappen Deponieraum in der Schweiz.

Holcim sowie Eberhard setzen den ressourcenschonenden Zement Susteno in der Betonproduktion ein. Die mit Susteno hergestellten Betone sind für Anwendungen im Hochbau zugelassen - für einfache Betonanwendungen bis hin zur Herstellung von Sichtbeton sowie als Beton für massige Bauteile. Holcim führt die neuen nachhaltigen Betone unter den Markennamen Evopact (Beton, hergestellt mit Susteno und natürlicher Gesteinskörnung) und EvopactPLUS (Beton, hergestellt mit Susteno und rezyklierter Gesteinskörnung).

Vorgehen

Für die Holcim AG als grösste Zementproduzentin der Schweiz macht ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen die Produktionsprozesse und die hergestellten Produkte ökologischer. Eberhard Unternehmungen verarbeiten jährlich mehr als 350.000 Tonnen mineralischen Bauschutt im leistungsfähigsten Baustoff-Recycling Zentrum der Schweiz «Ebirec».  Sie verfügen damit über langjähriges Experten-Know-how im Bereich der Aufbereitung von Rückbaumaterialien. Holcim und Eberhard begannen ihre Zusammenarbeit 2014 mit dem Ziel, für die Herstellung eines hochwertigen Zementes die feinsten Körnungen des Mischgranulats (weniger als 8mm) aus rückgebauten Gebäuden wiederzuverwenden. Dieser Anteil kann nicht vollständig in der Betonproduktion verwendet werden und musste bis anhin oftmals deponiert werden.

Die Qualitätsanforderungen an dieses Granulat für die Zementherstellung sind sehr hoch. Sie wurden seitens Holcim im Rahmen eines umfangreichen Untersuchungs- und Prüfprogramms definiert und sind regelmässig vor jeder Annahme des Granulats für die Weiterverarbeitung streng zu kontrollieren. Dadurch soll die Herstellung eines leistungsfähigen, ökologisch hochwertigen Zements für den Hochbau sichergestellt werden.

«Susteno ist der erste ressourcenschonende Zement, der durch die Verwendung von alternativen Bestandteilen zur vollständigen Schliessung des Baustoffkreislaufs führt. Dadurch können natürliche Ressourcen geschont, Deponieraum gespart, CO2- Emissionen reduziert und Transportwege verkürzt werden.»

Cathleen Hoffmann, Produktingenieurin, Holcim (Schweiz) AG

«Mit Susteno haben wir einen grossen Hebel, den Baustoffkreislauf auch beim Mischabbruch zu schliessen. Angesichts der hohen Qualität der Rückbaustoffe und der schwindenden natürlichen Ressourcen ist Kreislaufwirtschaft im Bau alternativlos.»

Patrick Eberhard, Eberhard Unternehmungen

Susteno ist eine Produktentwicklung, die zwei Firmen in einem kooperativen Vorgehen durchgeführt haben. Die Kombination der Fachexpertisen von Holcim in der Zementherstellung und von Eberhard in der Aufbereitung von Rückbaumaterialien sowie die iterative Vorgehensweise während der Optimierungsprozesse haben zu dem neuen Produkt geführt.

Produkt hat Markteintritt geschafft

Susteno ist der erste kommerziell verfügbare, ressourcenschonende Zement der Welt. Er ist nach dem technischen Merkblatt SIA 2049 zertifiziert und durch die Zertifizierungsstelle S-Cert zur Verwendung freigegeben. Für die Freigabe des Zements zur Nutzung in Beton in der Schweiz wurde ein erweitertes Prüfprogramm mit zusätzlichen Dauerhaftigkeitsprüfungen nach Norm SN EN 206 durchgeführt. Die Verwendung von Beton mit Susteno ist nun für alle üblichen Betonsorten im Hochbau (Sorte 0 bis Sorte C) zugelassen.

In den letzten drei Jahren wurden bereits zahlreiche Objekte mit Susteno Beton gebaut. Referenzobjekte, wie zum Beispiel die Wohnüberbauung Guggach II am Fusse des Käferbergs in Zürich, (weitere Referenzen unter Holcim / Referenzen) belegen die Leistungsfähigkeit des neuen R-Zements in der Praxis.

Aufgrund dieser positiven Ergebnisse wird Susteno heute für ein nachhaltiges Bauen gemäss den Empfehlungen der KBOB (Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren) und eco-bau eingesetzt.

Herausforderungen und Ausblick

Auch wenn in Schweizer Grossstädten wie Zürich und Solothurn schon heute mineralische Rückbaumaterialien in Neubauten wiederverwertet werden, gilt es, weiterhin das Vertrauen und die Akzeptanz in Baustoffe, hergestellt aus alternativen Sekundärstoffen, zu stärken. Dafür müssen Unsicherheiten im Umgang mit diesen Baustoffen durch einen offenen Dialog aller Akteure entlang der Wertschöpfungskette überwunden werden.

Der Zement Susteno steht für einen Startpunkt in der Entwicklung von ressourcenschonenden Zementen, in denen auch weitere Sekundärstoffe eingesetzt werden könnten.

Kontakt:
Frau Cathleen Hoffmann, Produktingenieurin
Technical Expert Center
Holcim (Schweiz) AG
cathleen.hoffmann@lafargeholcim.com
www.holcim.ch

Herr Patrick Eberhard
Bereichsleiter Verkauf Baustoffe
Tel. +41 43 211 13 27
patrick@eberhard.ch
https://eberhard.ch/baustoffe/urban-mining/

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