Juch-Areal Zürich: Ein Leuchtturm für zirkuläres Bauen

Der geplante Neubau des Recyclingzentrum auf dem Juch-Areal setzt neue Massstäbe für Bauteil-Wiederverwendung und Treibhausgasreduktion. Das Team von Graber Pulver Architekten AG aus Zürich/ Bern gewann den Architekturwettbewerb der Bauherrschaft Stadt Zürich und beantworte unsere Fragen zu zirkulärem Bauen.

Was macht ihr Bauvorhaben/Gebäude/Produkt zirkulär?

a.) Circular Design Konzept (z.B. Design for Disassembly / Repair, Cradle-to-Cradle, Materialwahl, sekundäres/recyceltes Material, Wiederverwendung etc.)

Unser Entwurf für das Recyclingzentrum Juch-Areal in Zürich zeichnet sich durch einen hohen Anteil an wiederverwendeten Bauteilen aus. Diese stammen entweder aus dem Bauteilkatalog der Stadt Zürich, werden über andere Minen zugekauft oder bei Bedarf durch zirkuläre Produkte ersetzt, die in regenerative Systeme integriert werden. Bei der Planung wird auch der Kreislauf der Zukunft berücksichtigt. Die Verbindungen werden so gestaltet, dass Bauteile und Materialien am Ende der Nutzung leicht wiedergewonnen werden können.

b.) Ökosystem (z.B. Mensch und Umwelt, Biodiversitätserhaltung, Impact auf Gesellschaft, etc.) 

Eingebettet in den vorhandenen Baumbestand entsteht ein natürlicher Lebensraum für Tiere und Pflanzen, der gleichzeitig als Rückhaltebecken dient. Ein Fussweg verläuft auf erhöhten Gitterrosten. Auslassungen in den Gitterrosten ermöglichen den neugepflanzten Bäumen, durch die Plattform zu wachsen und stärken das Gefühl der Besucher, Teil der Natur zu sein. Es wird angestrebt, Ruderalflächen zu maximieren, um die natürliche Umgebung möglichst wenig zu beeinflussen. Ein vertikaler Pflanzenfilter verleiht der Recyclinghalle eine charakteristische Identität und schafft einen angenehmen Kontrast zum industriellen Ambiente.

c.) Zeitfaktor (z.B. Langlebigkeit, Flexibilität über 50-100 Jahre hinweg, etc.)  

Um sicherzustellen, dass die Bauteile am Ende ihrer Lebensdauer nicht auf der Deponie landen, ist entscheidend, dass Fügungen und Verbindungen so gestaltet sind, dass ein reibungsloser Rückbau möglich ist, und die Trennung der Bauteile sowie die Wiederverwertung der sortenreinen Materialien in der Kreislaufwirtschaft gewährleistet werden kann. Wichtig ist auch die Festigkeit der Bauteile, die sich beim Rückbau nicht verformen dürfen.

«Bei der Planung wird auch der Kreislauf der Zukunft berücksichtigt. Die Verbindungen werden so gestaltet, dass Bauteile und Materialien am Ende der Nutzung leicht wiedergewonnen werden können.»

Mischa Trnka, Graber Pulver Architekten AG

Wie unterstützt Ihr Tun/ Produkt die Baubranche darin, den systemischen Wandel hin zur «Zirkularität» zu erreichen?

Das Recyclingzentrum ist ein Pionierprojekt, bei dem gemeinsam mit der Stadt Zürich, ERZ (Entsorgung + Recycling Zürich) und dem Planungsteam das Potenzial der zirkulären Bauwirtschaft in öffentlichen Projekten erforscht und unkonventionelle Ansätze erprobt werden. Ein Beispiel dafür ist die Stimulierung des ReUse-Marktes durch öffentliche Ausschreibungen von Bauteilen.

Was waren Ihre Haupt-Herausforderung und Ihr Haupt-Learning bis jetzt?  

Die Umkehrung der herkömmlichen Planung war eine Herausforderung. Bereits im Vorprojekt beschäftigen wir uns mit der Wiederverwendung von Bauteilen, abhängig von ihrer Verfügbarkeit. Die Kostenschätzung für die Wiederverwendung war schwierig, da ein Vergleich mit Neubaukosten fehlte. Dennoch war eine solche Einschätzung für die Ausschreibungen von Demontage, Transport und Handwerksleistungen erforderlich.

Wie messen Sie Ihren Impact? 

Nach dem Wettbewerb analysierte die Stadt Zürich die CO2-Bilanzen der Projekte. Unser Vorschlag ermöglicht eine CO2-Reduktion von rund 600 Tonnen, was einer Reduzierung von über 40 Prozent gegenüber einem konventionellen Neubau entspricht. Das Bauen mit vorhandenen Bauteilen hat einen erheblichen Einfluss auf die Reduzierung der Erstellungsenergie.

Im Verlauf des Projekts überwachen wir unsere Umweltauswirkungen über das BIM-Modell. Die eingebauten Bauteile werden als BIM-Daten gespeichert, um die gesamte Planung mit der BIM-Methodik voranzutreiben. Die Bauteile sind mit einer Datenbank verknüpft, um Herkunftsort und Entfernung zum Zielobjekt zu verfolgen. Die CO2-Bilanz der Bauteile selbst beträgt null, jedoch wird die beim Transport emittierte CO2-Menge in die Gesamtbilanz einbezogen.

Haben Sie oder kennen Sie ein spannendes zirkuläres Projekt oder Produkt im Bau? Wir freuen uns über Hinweise an info@circularhub.ch.

Visualisierung:           Graber Pulver / maaars architektur visualisierungen

Modellbild:                Graber Pulver / Modellbau Zaborowsky

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