Circular Plastics Economy in der Schweiz

Als allgegenwärtiges Verpackungsmaterial ist Plastik aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Trotz globaler Anstrengungen, das Plastikrecycling zu optimieren, bleiben die meisten Wertschöpfungsketten in linearen "Take-Make-Waste"-Modellen gefangen. Nur 14% des Plastikabfalls weltweit wird rezykliert. Wo steht die Schweiz beim Plastikrecycling? Und wo sind Ansatzpunkte für die Realisierung zirkulärer Lösungen?

Aktuelle Situation

Die Schweiz weist bei vielen Materialien eine hohe Recyclingquote auf, Kunststoff gehört jedoch nicht dazu. Mit über 80% hat die Schweiz zwar eine der höchsten Sammelraten von PET-Flaschen weltweit (PET Recycling Schweiz), diese bilden jedoch nur einen kleinen Anteil der gesamten Kunststoffabfälle, die aktuell auf 100 kg pro Kopf pro Jahr geschätzt werden. Der Grossteil (75%) davon wird immer noch in Müllverbrennungsanlagen verbrannt (BAFU & Swiss Info).  

Herausforderungen

Sieht man sich die "Recycling" Logos auf den meisten Plastikverpackungen in der Schweiz an, wird Verbrauchern oft der Eindruck vermittelt, es würde ein grosser Teil davon recycelt werden. Technisch betrachtet können fast alle Arten von Kunststoffen recycelt werden. Die Verfahren sind jedoch teuer und kompliziert. Besonders wenn die Kunststoffe verunreinigt sind oder aus Mischmaterialien bestehen. Angesichts der begrenzten Nachfrage nach recyceltem Kunststoffmaterial und des relativ niedrigen Ölpreises gibt es wenig Anreize, bessere Systeme zur Sammlung und zum Recycling von Plastik zu entwickeln. Darüber hinaus ist es billiger, neuen Kunststoff zu verwenden, statt bereits existierenden Kunststoff wiederzuverwenden oder zu recyceln.

Das hocheffiziente Abfallsammel- und Entsorgungssystem der Schweiz verhindert zwar, dass Plastikabfälle ins Meer gelangen, dennoch kann die Verbrennung fossiler Brennstoffe (in Form von Plastik) zur Deckung unseres Energiebedarfs kaum als zirkuläre Lösung für dieses komplexe Problem betrachtet werden. Die Kreislaufwirtschaft basiert auf dem Prinzip, Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Nach dem Kreislaufprinzip müssen wir Materialien so gestalten, dass sie wiederverwendet, geteilt und/oder umfunktioniert werden können und nur als letzter Ausweg recycelt werden.

Globale Verpflichtungen

Mit der wachsenden Empörung der Öffentlichkeit über die Auswirkungen der Plastikverschmutzung und -verbrennung entsteht eine globale Bewegung hin zu einer zirkulären Plastikwirtschaft. Unter der Leitung der Ellen MacArthur Stiftung haben sich inzwischen über 350 Organisationen dem Global Commitment New Plastics Economy angeschlossen. Dieses zielt darauf ab, von Einwegverpackungen zu Mehrwegverpackungen überzugehen und sicherzustellen, dass bis 2025 100% der verwendeten Plastikverpackungen einfach und sicher wiederverwendet, recycelt oder kompostiert werden können.

Wachsende lokale Initiativen

Multinationale Unternehmen wie Nestlé haben sich dem globalen Plastik-Abkommen angeschlossen, und eine Reihe von Schweizer Unternehmen fangen an, ihren Umgang mit Plastik zu überdenken. Während die Migros-Gruppe kürzlich mit der Produktion von 100% recycelten PET-Flaschen einen geschlossenen Kreislauf hergestellt hat, stellt Coop von Plastik auf biologisch abbaubare Cellulosenetze für Bio-Zwiebeln, Zitronenorangen sowie eine Reihe von verpackungsfreien Optionen für anderes Bio-Gemüse und -Obst um. Außerdem entwickeln mittlerweile viele Start-ups auf der ganzen Welt interessante zirkuläre Lösungen, die dieses Problem adressieren. Diese reichen von wiederverwendbaren Behältern für viele unserer Standard Markenprodukte bis hin zum Ersatz von Wasserflaschen durch essbare Beutel auf Meeresalgenbasis

«Wir müssen am Ende beginnen – Ohne eine effektive ‘end-of-life’ Lösung sollte ein Plastikprodukt gar nicht erst produziert werden dürfen.»

John Duncan

Nächste Schritte

Dies sind alles kleine Schritte in die richtige Richtung. Dennoch wird sich das derzeitige lineare System nicht ändern, solange es keine bessere Koordination der gesamten Plastik-Wertschöpfungskette geben wird ­und das nicht nur lokal, sondern global. An anderen Orten haben Initiativen wie der UK Plastics Pact, der Regierung, Unternehmen, lokale Behörden, Bürger und NGOs zugunsten eines gemeinsamen Zielkatalogs zusammenführt, begonnen Kooperationsplattformen zu etablieren. Diese sind erforderlich, um den Wandel voranzutreiben. Da die Herausforderungen komplex sind, ist es wichtig, das Gesamtbild der Umwelt zu berücksichtigen: Plastikabfälle reduzieren, aber dabei die Menge der Lebensmittelabfälle zu erhöhen oder die Plastikrecyclingquoten auf Kosten höherer Transport-/Energieemissionen zu verbessern, sind keine zirkulären Lösungen.   

Das Ziel ist es letztlich, eine Welt zu schaffen, in der wir nur die Produkte verwenden, die wir brauchen. Und diese Produkte nur dann zur Vermarktung zuzulassen, wenn es eine zirkuläre Lösung gibt, die es Verbrauchern ermöglicht, die Produkte nach ihrer Nutzung wiederzuverwenden, umzufunktionieren oder zu recyceln. Ein kurzer Blick in Ihren Mülleimer wird Ihnen zeigen, dass wir noch weit davon entfernt sind, ein solches Ziel zu erreichen, aber innovative Ideen sind in der Entstehung…

Über den Autor
John Duncan hat über eine Dekade für WWF Südafrika an Herausforderungen für nachhaltige marine Systeme gearbeitet – von Plastikverschmutzung bis zu Überfischung. Zurzeit lebt er in Zürich, wo er als unabhängiger Strategist / Consultant für Nachhaltigkeit arbeitet.

Kontakt
John Duncan
email: johnaduncan@gmail.com
LinkedIn: www.linkedin.com/in/johnandrewduncan/

Bildreferenz
Steve McPherson (2016). Mare Desiderii.

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